Susanne Eder – Die Heilerin von Worms by Susanne Eder – Die Heilerin von Worms

Susanne Eder – Die Heilerin von Worms by Susanne Eder – Die Heilerin von Worms

Autor:Susanne Eder – Die Heilerin von Worms [Eder, Susanne]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783955307998
Herausgeber: Edel eBooks
veröffentlicht: 2016-01-29T16:00:00+00:00


Kapitel 19

Verdammnis!«, entfuhr es Garsende. Ärgerlich starrte sie auf die Scherben einer kleinen Tonflasche, während sich der strenge Geruch von Johanniskrauttinktur im Nu in Ruperts Kammer ausbreitete.

»Was ist denn das? Das riecht ja wie auf dem Abtritt«, rief der Knabe mit angewidert verzogenem Gesicht.

»Ich muss das aufwischen«, murmelte Garsende. »Und Ihr bleibt liegen!«, rief sie laut, als Rupert Anstalten machte, aus dem Bett zu krabbeln. »Ich will nicht, dass Ihr in die Scherben tretet und Euch verletzt.«

Nachdem sie die Scherben zusammengefegt und aufgewischt hatte, was von der Tinktur noch übrig war, trat sie mit Lumpen und Besen bewaffnet aus Ruperts Kammer. Sie hatte noch kaum die Tür hinter sich geschlossen, als merkwürdige Geräusche aus Guntrams und Ansilds Schlafkammer an ihr Ohr drangen. Es klang fast wie ein halb unterdrückter Schluckauf.

Kurz entschlossen machte Garsende kehrt, legte Lappen und Besen beiseite und lauschte an der Tür. Nun war kein Laut mehr zu hören. Auch auf ihr Klopfen bekam sie keine Antwort, also öffnete sie die Tür einen Spaltbreit und spähte in die Kammer.

»Seid Ihr krank?«, rief sie erschrocken und lief hinein, als sie Ansild auf ihrer Bettstatt sitzen sah, das wachsbleiche Gesicht über eine Schüssel gebeugt.

Mit einer vorsichtigen Bewegung richtete sich Guntrams junge Gattin auf. »Oh, es ist nichts weiter«, versicherte sie und machte Anstalten, sich zu erheben.

Garsende wehrte ab. »Nein, bitte bleibt still sitzen. Ich sehe doch, dass es Euch nicht gut geht.«

Doch Ansild schüttelte den Kopf. »Nur ein leichtes Unwohlsein. Es ist schon wieder vorbei.« Ihre blassen Züge sprachen jedoch eine andere Sprache.

»Das höre ich nun schon zum zweiten Mal von Euch, daher ...« Abrupt verstummte Garsende und warf einen prüfenden Blick über Ansilds schmächtige Gestalt. »Ihr seid in Hoffnung«, stellte sie fest.

Flammende Röte schoss in Ansilds blasse Wangen. »Nein, das bin ich nicht«, rief sie aus. »Du irrst dich!«

Garsende lächelte. »Ich bin Heilerin«, sagte sie. »Glaubt mir, für derlei habe ich ein Auge.«

So rasch, dass Garsende zusammenzuckte, fuhr Ansild auf sie zu und packte sie unerwartet kraftvoll am Arm. »Du darfst es niemandem sagen, hörst du? Schwöre es mir! Mein Gatte darf das nicht erfahren!« Ihre Stimme klang so flehend, dass Garsende unwillkürlich nickte.

»Gewiss. Wenn Ihr es so wollt«, sagte sie beschwichtigend. »Aber ich bin sicher, es wäre eine erfreuliche Nachricht für Euren Gatten. Ganz besonders jetzt, nach dem Verlust seiner Tochter.«

Heftig schüttelte Ansild den Kopf. »Es ist zu früh.«

Darüber machte sie sich also Sorgen. Garsende schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. »Bitte, macht Euch darüber keine Gedanken«, versicherte sie. »Euer Zustand scheint mir fortgeschritten genug, um sicher zu sein, dass Ihr ...«

»Aber das ist es nicht«, unterbrach Ansild sie mit einer ungeduldigen Bewegung. »Es ist nicht der rechte Zeitpunkt. Nicht jetzt. Später. Ja, später wird er erfreut sein.«

Als Garsende zweifelnd die Stirn runzelte, verstärkte Ansild den Griff um ihren Arm. »Du musst es mir versprechen«, flehte sie erneut. »Schwöre es.«

Da musste noch etwas anderes sein, was ihr auf der Seele lag, ging es Garsende durch den Sinn. Etwas, wovor sie sich ängstigte?

»Ich werde niemandem gegenüber auch nur ein Wort erwähnen«, versprach sie.



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